B-PLAN | Darf eine Kommune die Farbe von Dachziegeln in einem Bebauungsplan festlegen?

( k-info | 01.10.2013 )  -  Für mehrere Bauherren in zwei Neubaugebieten der niedersächischen Stadt Pattensen bei Hannover (= rund 14.000 Einwohner) wurde der Traum vom Häuslein im Grünen zum Albtraum und das nur, weil ihre Dächer die falsche Farbe haben.

Mit dem Slogan "Bauplätze am Ortsrand mit traumhaftem Blick auf das Naturschutzgebiet" bewarb die Stadt Pattensen einst ihr Neubaugebiet im Ortsteil Hüpede. Inzwischen hat das gebiet sich entwickelt: dreizehn Eigenheime sind errichtet worden. Acht Familien haben ihre Dächer rot-braun eingedeckt, fünf Bauherren dagegen grau-schwarze Dachpfannen verbaut. Bei diesen dünf Häusern müssen in Kürze alle Pfannen wieder runter und das nur, weil der Bebauungsplan für das Neubaugebiet allein rot-braune Töne zulässt.

Hans Berger* (41), der sein Haus 2011 fertigstellte und mit Frau und Tocher bezog ist fassungslos. "Das kostet mich 20.000 Euro", sagte er der BILD-Zeitung und fügte an: "Ich wusste von dieser Vorschrift nichts, habe mich an den Dachfarben der Nachbarhäuser orientiert." Berger klagte vor dem Verwaltungsgericht und das setzte einen Ortstermin in der Siedlung an.

Zuerst durfte der Erste Stadtrat reden und der bestand im Namen der Stadt Pattensen auf die Einhaltung des rechtskräftigen Bebauungsplans. Seine Begründung: "Wir möchten die Neubauten an den alten Ortskern anpassen." Diese Bemerkung löste, wie die BILD-Zeitung gerne vermerkte, Gelächter bei den Umstehenden aus. Ein Vertreter der Bauherren mit den grau-schwarzen Dachpfannen sagte, er sei Experte ind einen klaren Ortskern habe Hüpede nicht, die Hälfte der Häuser im Ortsteil habe graue Dächer. Der Erste Stadtrat hielt dagegen, dass diese aber nicht am Rande des Naturschutzgebietes liegen würden.


Verwaltungsrichter Behrens entschied nach kurzer Beratung: Der Bebauungsplan ist rechtens und gilt für sämtliche Neubaugebiete im Ort. Seine Begründung: Das Gericht habe nicht darüber zu urteilen, was sich die Ratsmitglieder dabei gedacht haben, als sie allein die rot-braunen Töne bei den Dachpfannen zugelassen hatten. Und dies bedeutet nun: Neben den fünf jetzt strittigen Häusern kann die Stadt auch bei fünf weiteren Gebäuden im Nachbar-Baugebiet festlegen, dass die Dächer neu gedeckt werden müssen. Welche Häuser genau betroffen sind, werde nun geprüft, sagte ein Vertreter der für die Bauaufsicht zuständigen Region zur BILD-Zeitung.

Die Erkenntnis des Verfahrens: "Jetzt wird hier jeder jeden anschwärzen, weil kaum einer sich exakt an alle Vorschriften gehalten hat", so ein Nachbar gegenüber der Zeitung. Harald Rolffs* (40), der ebenfalls ein graues Dach hat, zur BILD: "Ich überlege jetzt, ob ich mein Haus giftgrün oder quietschgelb anstreiche." Er habe sich informiert und das sei laut dem Bebauungsplan nicht verboten.

* = Name des Betroffenen geändert!

Hinweis: Was steht alles in einem Bebauungsplan? In einem B-Plan sind hauptsächlich die Lage der Grundstücke, die zulässige überbaubare Fläche und die Grenzen festgelegt. Nach den Bauordnungen einzelner Bundesländer können Kommunen aber auch auf die Gestaltung der Häuser Einfluss nehmen, damit bestimmte städtebauliche oder ökologische Absichten verwirklichen werden. Hierunter fallen auch die Gebäudehöhe, die Art der Baustoffe, die Hausfarbe, der Neigungswinkel des Daches und eben auch Farbe von Dachpfannen.

Kommentar zum Thema:

Auch hier gilt der alte Rechtsgrundsatz: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!" Oftmals verbringen Bauherren (und -frauen) mehr Zeit beim Vergleich von Preisen für einzelne Bauelemente, als mit dem Studium der Rechtsvorschirfte, über die Bauaufsichts- bzw. Bauordnungsbehörden in der Regel gerne Auskunft geben, wenn man sie fragt.

Rainer Sauer, Jena