KAG LSA | Stirnlampen statt Straßenlaternen? - Ideen zur Kosteneinsparung aus Hettstedt / Sachsen-Anhalt

( k-info | SACHSEN-ANHALT | 19.12.2013 )  -  "Radio Brocken" vermeldete es als erstes Medium, aber nun skandiert bereits die BILD-Zeitung in großen Lettern: "Wir sollen Stirnlampen tragen ... weil unser Bürgermeister bei der Straßenbeleuchtung sparen will." - Was ist geschehen? Was ist da los?

Stirnlampen auf dem Kopf der Einwohner - statt neue Laternen am Straßenrand? Das erscheint zuerst als eine groteske Idee. Aber genau diese Eingebung hatte Danny Kavalier, Bürgermeister der Stadt Hettstedt in Sachsen-Anhalt im südlichen Harz-Vorland (= 14.800 Einwohner), und er tat sie seinen Bürgern kund. Zwar soll dies dort nicht flächendeckend passieren, aber zumindest in vorerst zwei öffentlichen Straßen sollen dort die Straßenlampen abgeschalt werden und zwar - wie könnte es andes sein - um Geld zu sparen.

Während die betroffenen Bürger im neuen "Dunkel" Straftaten befürchten rät Kavalier den betroffenen Anwohnern und Garagenpächtern, nächtens mobile Lampen mitzuführen. Und den Worten folgten auch schon Taten, denn einige Lichtmasten in der "Fichtestraße" in Hettstedt zieren seit Kurzem dicke rote Sicherheitsstreifen, damit man sie im Lichte der Stirn- oder Taschenlampen nicht übersehen werden. Zugleich kennzeichnen die Streifen, welche Straßenlaternen von der Stadt Hettstedt abgeschaltet wurden.

"Es ist eine Zumutung. Man kann mit den Pächtern nicht alles machen", ereifert sich etwa Erwin Tange, der eine Garage von der Stadt gepachtet hat, in der "Mitteldeutschen Zeitung". Auch er befürchtet, dass sich "in Ganovenkreisen" herumsprechen werde, dass in seiner Straße nun über 60 Garagen unbeleuchtet sind Tange ist erzürnt. "Ich bin Pächter von Grund und Boden der Stadt und die hat für Ordnung und Sicherheit zu sorgen", meint er und fügt an, "das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung" sei ein hohes Gut, mit dem verantwortungsvoll umgegangen werden müsse. - Dies seint eine der Kernfragen in Hettstedt (und natürlich auch anderswo im Land) zu sein: Was ist "ein hohes Gut" bzw. gibt es da vielleicht Gewichtungen?

Übrigens will/muss die Stadt Hettstedt nicht nur in der "Fichtestraße" sparen sondern auch die Beleuchtung der Gewerbegebiete steht im Fokus. "Wir haben Gewerbegebiete, die sind besser beleuchtet als der Leipziger Flughafen", berichtete Bürgermeister Kavalier in einer Hauptausschusssitzung. Dort wolle die Stadt allerdings nicht abschalten sonder in Art "Dimmung" investieren. Wie oft in solchen Fällen formiert sich nun sogar evt. eine Bürgerintiative gegen die Spar-Pläne und deren möglicher Chef Erwin Tange hat dem Stadtoberhaupt sogar schon einen Gegenvorschlag zur Beleuchtungssituation in der "Fichtestraße" gemacht. Die Antwort indes war ernüchternd für ihn, denn sein Vorschlag, zwei andere Lampen unweit des Komplexes abzuschalten und dafür die, die Straßenlaternen, welche die Garagen beleuchten, wieder anzuschalten, wurde abgelehnt.

Besonders geärgert hat Tange eine Passage in Kavaliers Antwortschreiben, die in dre "Mitteldeutschen Zeitung" zitiert wird. Es geht darum, dass "Straßenbeleuchtung Straßen beleuchten soll und keine Garagen" und dass "erwartet werden (kann), dass sich die Garagenpächter (...) entsprechend ausrüsten, gegebenenfalls eine Stirn- oder Handlampe bei sich führen." Danny Kavalier, von Hause aus Jurist, bestätigte der "Mitteldeutschen Zeitung", dass es inzwischen bereits mehrere Beschwerden von Bürgern gegen seine Sparmaßnahmen gebe, jedoch seien seine Antwortbriefe "ehrlich und schonungslos". Der Bürgermeister weiter: "Es besteht keine gesetzlich vorgegebene Beleuchtungspflicht für Kommunen in Sachsen-Anhalt". Weshalb aber die Idee mit den Stirnlampem? Selbst bei der schmerzlichsten Körperverletzung habe sich die Kommune nichts vorzuwerfen, wird der Jurist zitiert. Kavalier: "Wenn der Bürger weiß, dass er sich an eine Gefahrenstelle begibt, muss er mit einer Kopflampe oder Ähnlichem agieren."


Was man in Hettstedt getan habe, sei zudem, dass man unter anderem mit Feuerwehr, Ärzten und Zustellern die Gebiete im Dunkeln abgegangen und hierbei die Beleuchtung geprüft habe, so der Bürgermeister. Die Bürger betrübt, dass man sie hierbei nicht mitgenommen hat und auch ein Satz von Kavallier, den er in einem MDR-Bericht sagte. "In vielen Bereichen schmeißen wir das Geld mit vollen Händen raus. Und das ist so ein Bereich", stellte er klar. Ein kurioses Eingeständnis der Geldverschwendung, wie man es nur selten hört und auch eine Möglichkeit, wie man mit seinen Bürgern umgehen kann.

Gleichwohl stimmt es jedoch, dass es keinen Anspruch auf Beleuchtung öffentlicher Straßen gibt. Und über die mögliche Reaktion von betroffenen Anliegern auf eine grundhafte Erneuerung der Straßenbeleuchtung in Hettstedts "Fichtestraße" und den Gewerbegebieten sowie die dann folgende Veranlagung der Grundstückseigentümer zu Straßenausbaubeiträgen, welche nach der Satzung der Stadt Hettstedt bei 70 % liegt, ist nichts bekannt. Bisher.

THÜRKAG | Die Reform des Kommunalabgabengesetzes ist rechtens ... aber ist sie auch sinnvoll? (Teil 4)

( k-info | THÜRINGEN | 10.12.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt vor Kurzem beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes / ThürKAG. Diese Reform ist voll und ganz gesetzeskonform und damit rechtens. Aber macht das, was die Thüringer Landesregierung sich augedacht hat auch Sinn? Oder hätte man ganz andere Dinge im ThürKAG ändern müssen? [Fortsetzung von TEIL 1 sowie TEIL 2 und TEIL 3]

Für die Bestimmung der Ausschlussfrist nach dem Rechtsstaatsprinzip findet man in der deutschen Rechtsordnung eine (sozusagen als absolute "Obergrenze" manifestierte) Frist von 30 Jahren. Nach § 195 BGB betrug - bis zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahre 2002 - sogar die Regelverjährungsfrist 30 Jahre. Und selbst nach der erwähnten Änderung des BGB sind in den §§ 197 und 199 "30 Jahre" weiterhin als Verjährungshöchstfrist festgeschrieben. Vor einem solchen Hintergrund wäre eine Entscheidung des Thüringer Gestzgebers für eine solche Frist schwerlich dem Verdacht einer Willkür ausgesetzt.

In Bayern ist man zwar einen anderen Weg gegangen, hat dort jedoch im Vorschlag zum Gesetzentwurf der Änderung des KAG, die hier vorgesehenen 20 Jahre ausführlich und sorgfältig begründet, was eine Grundvoraussetzung für ein Verhindern des Willkürvorwurfs darstellt (vgl. Gesetzentwurf mit Stand vom 04.11.2013, S. 26 ff.). Vergleichbares sucht man in Thüringen vergeblich, weshalb zu befürchten ist, dass der in Erfurt bislang gewählte Weg - bei einem vergleichbaren Eintritt der Vorteilslage hier wie dort - völlig unzureichend ist, die gewählte Frist von acht Jahren zu begründen. Vor allem dürfte sich dies unter Beachtung der Vorgaben des OVG Münster so darstellen.

Gerichtsfeste Fristen sind aber unverzichtbar, um Rechtssicherheit zu erreichen, weshalb die für Thüringen vorgesehene Änderung des KAG zumindest in diesem Punkt dringend nachgebessert werden muss. Auch auf die Gefahr hin, dass eine nachträgliche Abkehr von der Formulierung "acht Jahre" zu Protesten bei den Betrroffenen führt.

[Fortsetzung folgt]

THÜRKAG | Die Reform des Kommunalabgabengesetzes ist rechtens ... aber ist sie auch sinnvoll? (Teil 3)

( k-info | THÜRINGEN | 29.11.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt vor Kurzem beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes / ThürKAG. Diese Reform ist voll und ganz gesetzeskonform und damit rechtens. Aber macht das, was die Thüringer Landesregierung sich augedacht hat auch Sinn? Oder hätte man ganz andere Dinge im ThürKAG ändern müssen? [Fortsetzung von TEIL 1 und TEIL 2] 

Theorie ist die eine Sache und Wirklichkeit die andere, was zur Frage führt: Was will die Thüringer Landesregierung im Jahre 2014 nun konkret neu regeln und was könnte sie hierbei besser machen? Grundlage der geplanten Änderung der ThürKAG ist ja die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013, die sich u. a. mit sog. "Ausschlussfristen" befasst. "Ausschlussfristen" sollen (ähnlich wie anderswo der Grundsatz von "Treu und Glauben") festlegen, ab wann sich ein Bürger darauf verlassen können muss, dass die - im hier zur Rede stehenen Fall - zu einer Beitragserhung grundsätzlich verpflichtete Behörde hiervon absieht oder dauerhaft hiervon abgesehen hat.

Wobei erst einmal festzustellen wäre, dass die im Rechtsstaatsprinzip verankerte äußerste (Zumutbarkeits-)Frist niemals als eine "Höchstverjährungsfrist" oder "Höchstfestsetzungsfrist" anzusehen ist. Dies ist ohne Zweifel so, da der Beginn des Laufs einer Festsetzungfrist (und zwar im Sinne der §§ 169 ff. AO) immer mit der Entstehung einer Abgabenpflicht einhergeht und, da - in der vorliegenden Konstellation - nichts entstanden ist oder war, somit auch keine Festsetzungsverjährung zur Rede steht. In der Sache handelt es sich also vielmehr um eine Ausschlussfrist, wobei im Gesetzentwurf - so der Stand gem. Drucksache LT 5/6711 - von acht bzw. zwölf Jahren die Rede ist (siehe unten!).

Eine solche Ausschlussfrist könnte der Landesgesetzgeber (als eine Frist, die ohne das Entstandensein einer persönlichen Abgabenpflicht im Raum steht) beispielsweise durch einen, den Normen über die Anwendung des ThürKAG angehängten oder sogar in das KAG eingefügten, Satz einführen, der beinhalten sollte, dass eine Abgabenerhebung ausgeschlossen wird, die "spätestens ... Jahre nach Ablauf des Jahres ausgeschlossen ist, in dem die durch die Erfüllung des Abgabentatbestands begründete Vorteilslage eintrat" - und zwar ausdrücklich unanhängig vom Entstehen einer Abgabenpflicht.

Eine entsprechend ähnliche Formulierung hat die Bayerische Staatsregierung in ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des eigenen KAGs vom 04.11.2013 auf Seite 7 aufgenommen. Thüringen dagegen beschränkt sich bisher - ebenfalls mit Stand gem. Drucksache LT 5/6711 - auf eine "Light"-Version für Satzungskonstellationen. Aber: Welcher Zeitraum zwischen dem Eintritt der Vorteilslage und einer Abgabenerhebung ist nach dem Rechtsstaatsprinzip überhaupt noch tolerabel? Gibt es hier eine Toleranzgrenze? - Diese hängt ganz entscheidend davon ab, welches Datum der Thüringer Gesetzgeber sich als Ausschlussfrist gesetzt hat.

Auszüge aus dem "Entwurf zur Änderung des ThürKAG / Artikel 1"

"2.) § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b wird wie folgt geändert: a) Dem Doppelbuchstaben bb Spiegelstrich 2 werden folgende Worte angefügt:

"in Abweichung von der Festsetzungsfrist von vier Jahren beträgt die Festsetzungsfrist für die Fälle der rückwirkenden Ersetzung einer ungültigen Satzung durch eine gültige Satzung zwölf Jahre.

b) Doppelbuchstabe cc wird wie folgt geändert: aa) In Spiegelstrich 1 wird das Wort "und" durch ein Komma ersetzt. bb) Nach Spiegelstrich 1 werden folgende neue Spiegelstriche eingefügt:

"- dass bei rückwirkender Ersetzung einer ungültigen Satzung durch eine gültige Satzung die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die Abgabenschuld nach Maßgabe der ungültigen Satzung entstanden wäre,

- dass bei Ersetzung einer ungültigen Satzung für die Erhebung von Beiträgen durch eine gültige Satzung mit Wirkung für die Zukunft die Festsetzungsfrist mit Ablauf des achten Kalenderjahres beginnt, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Beitragsschuld nach Maßgabe der ungültigen Satzung entstanden wäre,"

[Fortsetzung folgt]