THÜRKAG | Die Reform des Kommunalabgabengesetzes ist rechtens ... aber ist sie auch sinnvoll? (Teil 2)

( k-info | THÜRINGEN | 16.10.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt vor Kurzem beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes / ThürKAG. Diese Reform ist voll und ganz gesetzeskonform und damit rechtens. Aber macht das, was die Thüringer Landesregierung sich augedacht hat auch Sinn? Oder hätte man ganz andere Dinge im ThürKAG ändern müssen? [Fortsetzung von TEIL 1]

Nicht erst seit heute stellt sich die Frage: Wie könnte eine "gute" Gesetzesänderung des ThürKAG aussehen? Eine Änderung, die gerecht ist gegenüber den Thüringern, die seit 1991 ihre Beiträge gezahlt haben aber auch auf die Zukunft ausgerichtet. Eine Änderung, die endlich einmal die Interessen des Beitragszahlers in den Vordergrund stellt und gleichzeitig Formen des staatlichen Zwangs reduziert, sozial verträglich ist. 

Vier wichtigen Prinzipien müsste eine solche Reform folgen:

a) der Basis von Vernunft und Nutzen einer Straßenerneuerung,

b) der Beschränkung der politischen Macht der Landesregierung und der beitragserhebenden Kommunen und gleichzeitig

c) der Stärkung der Rechte von Grundstückseigentümern unter gleichzeitiger und völliger Transparenz der veranlagenden Kommunen bei der Beitragserhebung,

d) die soziale Verträglichkeit der Beitragserhebung unter dem Gesichtspunkt des persönlichen Grundeigentums.

Dies sollten die politischen Kernpunkte einer bürgerfreundlichen Änderung des ThürKAG sein.

Im Einzelnen

Die Kostenbeteiligung der Bürger an der Herstellung ihrer Straßen abzuschaffen, dass ist nahezu ausgeschlossen, egal was immer Politiker oder Bürgerinitiativen erklären. Selbst die Initiatoren des gescheiterten "Volksbegehrens für gerechte Kommunalabgaben" sahen ja keine grundsätzliche Abschaffung der finanziellen Belastung vor. Ihr Vorschlag ging u. a. in die Richtung, die dann fehlenden Einnahmen der Kommunen durch eine (steuerähnliche) Infrastrukturabgabe vom Kreis der Grundstückseigentümer auf den der Mieter zu verlagern.

Also bleibt nur die bürgerfreundliche Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und hierzu bieten sich einige der beitragsrechtlichen Paragraphen des ThürKAG geradezu an. Bereits in den § 7 und 7 a finden sich verbesserungswürdige Formulierungen, die später näher erläutert werden. Aber vor allem der § 7 b zur Stundung von einmaligen Beiträgen hat Verbesserungspotential hinsichtlich der sozialen Verträglichkeit. Wenn der Landesregierung wirklich an einer solchen gelegen ist, dann sollte sie in Absatz 1 des § 7 b die, nicht an Härtefälle gebundene, 5-Jahres-Regelung durch eine ebensolche 10-Jahres-Regelung ersetzen; eine Dekade sollte für viele Grundstückseigentümer ausreichen, ihre Beitragslast finanziell verträglich abzufedern. Liegt ein Härtefall vor, so besitzt der Freistaat mit § 7 b Abs. 2 ThürKAG bereits die Möglichkeit, die Beitragslast auf maximal zwei Jahrzehnte zu strecken - eine Regelung mit der Thüringen einst weiter ging als alle anderen Bundesländer und die auch zukünftig unangetastet bleiben muss.

Es ist aber vor allem der § 13 (Informationspflichten), der erhebliches Verbesserungspotential besitzt und zwar nicht zuletzt, weil hier die Rechte der Grundstückseigentümer verankert sind. Die hier bisher verankerten Pflichten der Kommunen sind aber nach wie vor sog. "sanktionslose Obliegenheiten", ziehen daher bei einer Nicht-Beachtung oder Verletzung kaum Konsequenzen für die Gemeinden mit sich. Das kann so nicht bleiben.

Alleine die Reduzierung einer, für den Bürger aus § 13 deutlich herauslesbaren, "Pflicht" der Kommune auf eine "Obliegenheit" - sprich: ein Gebot - ist eine Schwächung der essentiellen Rechte derer, die die Beitragslast aus ihrem Privatvermögen zu tragen haben. Oder anders ausgedrückt: Dass die Verletzung von Informationspflichten in Thüringen regelmäßig "sanktionslos" bleibt, also keinerlei Rechtsfolgen im Hinblick auf eine Beitragszahlung nach sich zieht, öffnet den Städten und Gemeinden latent die Tür für eine gezielte Nicht-Information ihrer Bürger. Das muss sich dringend ändern: Echte Transparenz muss her.

[Fortsetzung folgt]

VORKAUFSRECHT | Wenn die Kommune Teile von Grundstücken braucht, hierfür aber nicht viel zahlen will

( k-info | 15.10.2013 )  -  Im Thüringischen Zöllnitz kämpft Familie Sch. derzeit um eine angemessene Bezahlung eines Randstreifens, für den die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht in Anspruch genommen hatte. Streitpunkt: Die Höhe der Entschädigung für die Wegnahme eines Teils des Grundeigentums.

Dass das strittige Grundstück nur acht Quadratmeter groß ist, ändert nichts an den Befindlichkeiten, die Familie Sch. gegenüber der Gemeinde hat. Zwar stehen, wie die Lokalzeitung schreibt, auf dem betreffenden Streifen Grundstück nur Mülltonnen, mehr Nutzung geht eigentlich nicht auf dem 1,50 Meter breiten und etwa fünf Meter langen Grünstreifen, aber es geht ums Prinzip.

Gut 20 Jahre nach der Erschließung eines angrenzenden Wohngebietes brauchte die Gemeinde Zöllnitz dieser Streifen nun dringend und setzte dies per Vorkaufsrecht durch. Eine Entschädigung wurde angeboten, doch das "Filetstück", wie Herr Sch. seinen Randstreifen bezeichnet,  will die Familie nicht unter 3.000 Euro abgeben. So viel sollten die neuen Eigentümer des Hauses usprünglich für das separat ausgewiesene Grundstück zahlen und ebenso viel fordert die Familie nun von der Kommune.

Man ahnt: da liegt noch viel mehr in der Luft. So ärgert es Herrn Sch. dass es monatelange Verzögerungen bei der Bewilligung des Hausverkaufs durch die Gemeinde gab, eben wegen des "Filetstücks". Außerdem habe die Kommunalaufsicht beim Landratsamt des Saale-Holzland-Kreises angeregt, dass sich die Gemeinde Zöllnitz und die Familie wegen des Kaufpreises doch gütlich einigen sollten und sah das Kaufpreisangebot von 240 Euro als überarbeitungswert an, weil Familie Sch. und andere Grundstückseigentümer seinerzeit 100 Mark pro Quadratmeter bezahlen mussten; da seien 30 Euro heute zu gering, meinte die Kommunalaufsicht. Und doch kam keine Bewegung in die Sache.

Die Zöllnitzer Bürgermeisterin weiß um die Problematik will aber, wie sie der Lokalzeitung sagte, vom gemeindlichen Standpunkt nicht abweichen. Sicherlich, so sagte sie, hätte Zöllnitz schon vor gut zwanzig Jahren bei der Vermarktung des Wohngebietes wegen des Weges reagieren können. Das sei aber damals einfach "durchgerutscht", wie sie einräumtr. Nun, aufgrund des Grundstücksverkaufs durch Familie Sch., habe sich aber eine neue Gelegenheit ergeben, die Fläche zu erwerben.

Aktuell liegt die Sache beim zuständigen Verwaltungsgericht in Gera. Und das wird sich auch der Frage widmen müssen, weshalb die Randfläche überhaupt wichtig für die Gemeinde ist. Das "Filetstück" sei einst Bestandteil eines landwirtschaftlichen Weges gewesen, sagte die Bürgermeisteriun der Zeitung, den man mittel- und langfristig als solchen wieder herstellen möchte. Und weil ein Anfang gemacht werden müsse, sei nun das Vorkaufsrecht wahrgenommen worden. Wie lange Zöllnitz noch brauchen wird, um alle restlichen Grundstücke wieder in ihren Besitz zu bekommen, denn dann erst kann der Weg wieder hergestellt werden, ist völlig offen.

Herr Sch. hat dagegen eine ganz andere Idee. Er könne ja, so wird er in der Presse zitiert, notfalls den Kaufvertrag anullieren lassen. Damit wäre auch das Vorkaufsrecht von Zöllnitz wieder vom Tisch.

THÜRKAG | Die Reform des Kommunalabgabengesetzes ist rechtens ... aber ist sie auch sinnvoll? (Teil 1)

( k-info | THÜRINGEN | 12.10.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt vor Kurzem beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes / ThürKAG. Entgegen der Meinung des DIE LINKE-Betragsexperten Frank Kuschel ist sie voll und ganz gesetzeskonform und damit rechtens. Aber macht das, was die Thüringer Landesregierung sich augedacht hat auch Sinn? Oder hätte man ganz andere Dinge im ThürKAG ändern müssen?

Kommunale Straßen(bau)beitragssatzungen, die sich als rechtswidrig erwiesen haben, sollen nach dem Willen des Innenministeriums künftig 12 Jahre rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werden - dies allerdings erst ab dem Jahre 2021. Bis dahin soll eine Übergangsregelung gelten, wonach Satzungen bis zu 30 Jahre rückwirkend ersetzt werden können, was mit dem In-Kraft-Treten des ThürKAG im August 1991 zusammenhängt.

Diese Vorgehensweise schaffe, so Kuschel, ein Gesetz mit (Zitat) "Winkelzügen", bei dem ein "wesentlicher Grundsatz des Rechtsstaates - das Rückwirkungsverbot - de facto außer Kraft gesetzt" werden solle.  Aber da irrt  der LINKE-Politiker. Das von ihm zitierte "Rückwirkungsverbot" begründet sich auf Artikel 20 Absätze 1 und 3 des Grundgesetzes / GG. Hiernach muss der Bürger auf Gesetze vertrauen können, muss sich auf sie einstellen können. Es gilt der Grunsatz: Wer von einem Gesetz betroffen ist, muss auf die Geltung der Vorschrift vertrauen können.

Genau das ist im Thüringer Beitragsercht der Fall. Anfang August 1991 - vor reichlich 22 Jahren also - trat das ThürKAG in Kraft und damit entstand grundsätzlich die Pflicht von grundstückseigentümern, sich an den Kosten der Herstellung, Erneuerung, Erweiterung und Verbesserung "ihrer" öffentlichen Straße/n fianziell zu beteiligen. Dass seither viele Gemeinden, wie z. B. Bruchstedt (Unstrut-Hainich-Kreis), hierfür keine Ortssatzung erlassen haben, bedeutet heute nicht, dass deren Grundstückseigentümer aus der Pflicht zur Entrichtung eines Beitrags ausgenommen worden wären.

Wenn sie nun für die Herstellung, Erneuerung, Erweiterung oder Verbesserung "ihrer" öffentlichen Straße/n zur Kasse gebeten werden, solche Arbeiten aber schon ein oder zwei Jahrzehnte zurück liegen, ist dies trotzdem rechtens. Die jahrelang nicht erlassene Satzung zur Beitragserhebung schaffe nämlich im Sinne des Artikel 20 GG eben kein "Rückwirkungsverbot" sondern allenfalls einen Zahlungsaufschub. Auch Frank Kuschel weiß das, schlägt mit der Landtagsfraktion DIE LINKE sogar vor, die Rückwirkung auf vier Jahre zu begrenzen.

Auch das gerne vorgebrachte Argument gegen eine Nacherhebung "Da ist schon der Verwaltungsaufwand höher als die Summe, die letzten Endes in die Gemeindekasse gespült wird" (Zitat ebenfalls von Frank Kuschel) greift nicht, denn dies wäre nun tatsächlich ein Verstoß gegen das Grundgesetz und zwar gegen Artikel 3, den Gleichheitsgrundsatz.

Aber - und die Frage stellt sich unabhängig von der jetzt geplanten Gesetzesänderung oder den politisch motivierten Fehlinformationen der Partei DIE LINKE - wie könnte eine "gute" Gesetzesänderung des ThürKAG aussehen? Eine Änderung, die gerecht ist gegenüber den Thüringern, die seit 1991 ihre Beiträge gezahlt haben aber auch auf die Zukunft ausgerichtet. Eine Änderung, die endlich einmal die Interessen des Beitragszahlers in den Vordergrund stellt und gleichzeitig Formen des staatlichen Zwangs reduziert, sozial verträglich ist. Vier wichtigen Prinzipien müsste eine solche Reform folgen:

a) der Basis von Vernunft und Nutzen einer Straßenerneuerung,

b) der Beschränkung der politischen Macht der Landesregierung und der beitragserhebenden Kommunen

und gleichzeitig c) der Stärkung der Rechte von Grundstückseigentümern unter gleichzeitiger und völliger Transparenz der veranlagenden Kommunen bei der Beitragserhebung,

d) die soziale Verträglichkeit der Beitragserhebung unter dem Gesichtspunkt des persönlichen Grundeigentums.

THÜRKAG | Thüringer Kabinett beschließt Reform des Kommunalabgabengesetzes

( k-info | THÜRINGEN | 09.10.2013 )  -  Von vielen Bürgern gefordert, hat sie das Kabinett in Erfurt gestern beschlossen: die Reform des Thüringer Kommunalabgabengesetzes.

Satzungen von Städten und Gemeinden, die sich als rechtswidrig erwiesen haben, sollen nach dem Gesetzentwurf des Innenministeriums künftig nur noch 12 Jahre rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werden können. Bis 2021 soll eine Übergangsregelung gelten, wonach Satzungen bis zu 30 Jahre rückwirkend ersetzt werden können. Der Gesetzentwurf wird nun dem Landtag zugeleitet.


Thüringens Innenminister Jörg Geibert begrüßte in einer Pressemeldung seines Ministeriums die Einigung im Kabinett. "Den Bürgern wird mit der geplanten Gesetzesänderung deutlich mehr Rechtssicherheit gewährt. Die Menschen müssen Klarheit über mögliche finanzielle Belastungen haben", erklärte der Minister. Die Bürger könnten künftig erkennen, wann sie nicht mehr rückwirkend zu Abgaben herangezogen werden dürfen. Die Neuregelung soll für alle Abgaben gleichermaßen gelten. Geibert betonte, dass die Übergangsfrist bis Ende 2021 den Bedürfnissen der Kommunen und den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspreche. Sie orientiere sich, ausgehend vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Thüringer Kommunalabgabengesetzes am 10. August 1991, an der absoluten Verjährungsfrist von 30 Jahren.

Bislang können rechtswidrige Satzungen unbefristet durch neue Satzungen ersetzt werden. Die Bürger konnten somit noch nach Jahrzehnten zu Abgaben herangezogen werden. Eine inhaltsgleiche bayerische Regelung war vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden. Das Thüringer Kommunalabgabengesetz enthält eine vergleichbare Regelung, die nun im Sinne des Richterspruches abgeändert werden soll.

Weiterhin sieht der Gesetzentwurf eine Änderung der Thüringer Kommunalordnung und des Thüringer Gesetzes über die kommunale Doppik vor. Damit erhalten Kommunen, deren finanzielle Situation angespannt ist, die Möglichkeit, wirtschaftliche Maßnahmen in einem Bereich, der die Energiewende unmittelbar betrifft, vorzunehmen. Die Kommunen können für energetische Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen Kredite aufnehmen. Die gesamtpolitische Bedeutung der Energiewende, die Begrenzung auf ein Zehntel des Verwaltungshaushaltes und die Befristung auf das Jahr 2016 lässt es zu, von dem Grundsatz, dass Kredite nur für Investitionen zulässig sind, abzuweichen. Von der Bestimmung können beispielsweise Maßnahmen umfasst sein, die die energetische Gebäudesanierung oder die Umrüstung von Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchten betreffen.

Nur mit der Erweiterung des Genehmigungstatbestandes können viele Kommunen erst an der Energiewende mitarbeiten, erklärte das Ministerium heute. Diese Mitarbeit sei unerlässlich und bisher in Einzelfällen an notwendigen Regelungen gescheitert. Überdies bestehe für viele, gerade finanziell schwächere, Kommunen in Thüringen so die Möglichkeit einer Kreditfinanzierung von wirtschaftlich entlastenden Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen, die durch ihren positiven Haushaltseffekt zur Konsolidierung der Kommunen beitragen können.

B-PLAN | Darf eine Kommune die Farbe von Dachziegeln in einem Bebauungsplan festlegen?

( k-info | 01.10.2013 )  -  Für mehrere Bauherren in zwei Neubaugebieten der niedersächischen Stadt Pattensen bei Hannover (= rund 14.000 Einwohner) wurde der Traum vom Häuslein im Grünen zum Albtraum und das nur, weil ihre Dächer die falsche Farbe haben.

Mit dem Slogan "Bauplätze am Ortsrand mit traumhaftem Blick auf das Naturschutzgebiet" bewarb die Stadt Pattensen einst ihr Neubaugebiet im Ortsteil Hüpede. Inzwischen hat das gebiet sich entwickelt: dreizehn Eigenheime sind errichtet worden. Acht Familien haben ihre Dächer rot-braun eingedeckt, fünf Bauherren dagegen grau-schwarze Dachpfannen verbaut. Bei diesen dünf Häusern müssen in Kürze alle Pfannen wieder runter und das nur, weil der Bebauungsplan für das Neubaugebiet allein rot-braune Töne zulässt.

Hans Berger* (41), der sein Haus 2011 fertigstellte und mit Frau und Tocher bezog ist fassungslos. "Das kostet mich 20.000 Euro", sagte er der BILD-Zeitung und fügte an: "Ich wusste von dieser Vorschrift nichts, habe mich an den Dachfarben der Nachbarhäuser orientiert." Berger klagte vor dem Verwaltungsgericht und das setzte einen Ortstermin in der Siedlung an.

Zuerst durfte der Erste Stadtrat reden und der bestand im Namen der Stadt Pattensen auf die Einhaltung des rechtskräftigen Bebauungsplans. Seine Begründung: "Wir möchten die Neubauten an den alten Ortskern anpassen." Diese Bemerkung löste, wie die BILD-Zeitung gerne vermerkte, Gelächter bei den Umstehenden aus. Ein Vertreter der Bauherren mit den grau-schwarzen Dachpfannen sagte, er sei Experte ind einen klaren Ortskern habe Hüpede nicht, die Hälfte der Häuser im Ortsteil habe graue Dächer. Der Erste Stadtrat hielt dagegen, dass diese aber nicht am Rande des Naturschutzgebietes liegen würden.


Verwaltungsrichter Behrens entschied nach kurzer Beratung: Der Bebauungsplan ist rechtens und gilt für sämtliche Neubaugebiete im Ort. Seine Begründung: Das Gericht habe nicht darüber zu urteilen, was sich die Ratsmitglieder dabei gedacht haben, als sie allein die rot-braunen Töne bei den Dachpfannen zugelassen hatten. Und dies bedeutet nun: Neben den fünf jetzt strittigen Häusern kann die Stadt auch bei fünf weiteren Gebäuden im Nachbar-Baugebiet festlegen, dass die Dächer neu gedeckt werden müssen. Welche Häuser genau betroffen sind, werde nun geprüft, sagte ein Vertreter der für die Bauaufsicht zuständigen Region zur BILD-Zeitung.

Die Erkenntnis des Verfahrens: "Jetzt wird hier jeder jeden anschwärzen, weil kaum einer sich exakt an alle Vorschriften gehalten hat", so ein Nachbar gegenüber der Zeitung. Harald Rolffs* (40), der ebenfalls ein graues Dach hat, zur BILD: "Ich überlege jetzt, ob ich mein Haus giftgrün oder quietschgelb anstreiche." Er habe sich informiert und das sei laut dem Bebauungsplan nicht verboten.

* = Name des Betroffenen geändert!

Hinweis: Was steht alles in einem Bebauungsplan? In einem B-Plan sind hauptsächlich die Lage der Grundstücke, die zulässige überbaubare Fläche und die Grenzen festgelegt. Nach den Bauordnungen einzelner Bundesländer können Kommunen aber auch auf die Gestaltung der Häuser Einfluss nehmen, damit bestimmte städtebauliche oder ökologische Absichten verwirklichen werden. Hierunter fallen auch die Gebäudehöhe, die Art der Baustoffe, die Hausfarbe, der Neigungswinkel des Daches und eben auch Farbe von Dachpfannen.

Kommentar zum Thema:

Auch hier gilt der alte Rechtsgrundsatz: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!" Oftmals verbringen Bauherren (und -frauen) mehr Zeit beim Vergleich von Preisen für einzelne Bauelemente, als mit dem Studium der Rechtsvorschirfte, über die Bauaufsichts- bzw. Bauordnungsbehörden in der Regel gerne Auskunft geben, wenn man sie fragt.

Rainer Sauer, Jena