BÜRGERINFORMATION | Wie informiert man "die Bürger" richtig? Was muss eine Verwaltung hierbei beachten?

( k-info | 27.08.2013 )  -  Die Stadt XYZ plant ab Mai Bauarbeiten in der dortigen "Waldstraße". Die "Waldstraße" führte einst vom Waldrand im Norden der Stadt in die Innenstadt. Heute ist die Stadt gewachsen und die "Waldstraße" wurde zu einer wichtigen Verkehrsachse mit mehreren Seitenstraßen, wie dem "Wiesenweg", der "Feldstraße" oder dem "Heideweg".

Allerdings ist das Leben an "Feldstraße" oder "Heideweg", an "Waldstraße" oder "Wiesenweg" im 21. Jahrhundert nicht mehr so idyllisch, wie der Name vermuten lässt, sondern alle Straßen liegen mittlerweile im Herzen der Stadt, an ihnen gibt es iviele Wohnhäuser, an den Straßenrändern parken Kraftfahrzeuge. Eines steht fest: Die Erneuerung der "Waldstraße" ist notwendig, wurde vom Stadtrat im Herbst zuvor beschlossen, konnte von der Stadt XYZ nach Genehmigung des Haushalts ausgeschrieben werden und im Zuge dieses bevorstehenden Straßenbaus wurde die Planung von Umleitungsstrecken unumgänglich, auch um den Schwerlastverkehr, während der Sperrung der "Waldstraße", auf anderen Wegen von Norden nach Süden durch die Stadt zu führen.

Drei Varianten hatte sich die Stadt hierzu im Januar des Jahres ausgedacht und diese einen Monat später dem Ordnungsamt und der Straßenverkehrsbehörde zur Genehmigung vorgelegt. Die optimale Streckenführung war verwaltungsintern allerdings umstritten, die Entscheidung für Ordnungsamt und Straßenverkehrsbehörde deshalb schwierig. Im März gab es schließlich Informationsveranstaltungen für die Anlieger der "Waldstraße", in denen über die geplanten Bauarbeiten aufgeklärt wurde. Ende April entschied man sich auf Seiten des Ordnungsamtes für die Umleitungsvariante II, die den Schwerverkehr nach Norden durch die "Feldstraße" und alle Fahrzeuge in südlicher Richtung durch den "Wiesenweg" führt. Nun ist es Mai und der Verkehr rollt wegen des Beginns der Bauarbeiten auf der Straße nur noch einspurig nach Norden.

Nur wenige Tage später meldet sich die Lokalzeitung zu Wort. "Verkehrschaos in der Innenstadt" titelt sie und "Die Bürger wurden nicht informiert". Weiter kann man lesen: "All das wäre im Grunde nicht so problematisch, wenn die Anwohner im 'Wiesenweg' und der 'Feldstraße' nicht erst am Donnerstag voriger Woche, und damit drei Tage vor der Angst, aus unserer Zeitung erfahren hätten, dass zu Wochenbeginn das neue Verkehrsregime gilt. Zum anderen hat man in der Verwaltung offenbar keine Ideen, wo die Anwohner für die Dauer der Umleitung, also mehr als zwei Monate, ihre Autos parken sollen." 

Das ganze Ärgernis hatte Peter Redlich, Kreisposaunenwart und zugleich Anwohner im "Wiesenweg", veranlasst, sich mit einer Beschwerde an Verwaltung sowie den Bürgermeister zu wenden und "da dieses Thema von öffentlichem Interesse sein dürfte, haben wir die Sache auch der Lokalredaktion der örtlichen Tagespresse zur freien Berichterstattung über das lokale Geschehen übergeben, denn wir finden es erschreckend, wie die Verantwortlichen der Stadt mit ihren Bürgern umgehen." 

Redlich meint, es müsste doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Anlieger der betroffenen Straßen "bei derartig einschneidenden, die Wohnqualität beeinträchtigenden Maßnahmen, die auch zu Mietmindereinnahmen führen werden, sehr frühzeitig eine Information darüber erhalten, was geplant ist und welche Auswirkungen dies auf die Anlieger der Umleitungsstrecken haben wird." 

Außerdem geht der Kreisposaunenwart miit einer Delegation von Nachbarn zum Bürgermeister. Seitens der Bürgerschaft halte man es für dringend erforderlich, sagt Redlich zu ihm, dass Vertreter der Bürger in die Planung derartiger Maßnahmen mit einbezogen werden. Doch was habe die Verwaltung getan: "Bürgerbeteiligung und Demokratie in diesem Falle? Null!" konstatiert Redlich und der Bürgermeister nickt betroffen. Der Chef der Verwaltung versichert Herrn Redlich und den Bürgern die ihn begleiten, dass er dies auch nicht so ganz verstehen kann, weil doch z. B. bei Baumaßnahmen der Energieversorgung solche Informationen den Anwohner per Flyer rechtzeitig vor Beginn von Bauarbeiten zugehen würden.

"Genauso ist es", antwortet ihm Herr Redlich, im vorliegenden Fall sei man vor vollendete Tatsachen gestellt worden, dabei sei alles doch ganz einfach, so Redlich, denn "mit Bürgerbeteiligung und einem Fünkchen Kreativität und Mitdenken" sei es ein Leichtes, eine einigermaßen erträgliche Lösung der Probleme für die am meisten belasteten Anwohner zu finden. Der Bürgermeister gibt Herrn Redlich recht und bittet ihn um einen Vorschlag.

Redlich fühlt sich endlich angekommen mit seinem Anliegen und antwortet: "Im Namen der Anwohner unterbreiten wir folgende Vorschläge: 1.) Für das Anwohnerparken soll die Stadt den Parkplatz des Arbeitsamtes zur Verfügung stellen, der selten wirklich nennenswert belegt ist. 2) Der 'Heideweg', auf der anderen Seite der 'Waldstraße' wird auf Anwohnerparken umgestellt und die Anlieger von 'Wiesenweg' und 'Feldstraße' werden kostenlos mit einem Parkausweis für ihre Fahrzeuge ausgestattet und dürfen ab sofort dort parken."

Der Bürgermeister ist begeistert und lässt sofort die Meldung in die Presse setzen: "Die Stadt bedauert die späte Information der Anwohner. Aber wir habeneine Lösung gefunden: Ab sofort darf im 'Heideweg' geparkt werden!" Das empört nun wiederum Frau Mühsam aus dem "Heideweg", die sich tags drauf in der Lokalzeitung zu Wort meldet und sich beschwert, dass die Anlieger des "Heidewegs" keine Ruhe mehr hätten, weil (Zitat) "in unserer Straße ein Krieg um die knappen Parkplätze" entbrannt sei.

Weiter wird sie mit den Worten zitiert: "Die gesamte Planung der Umleitung des in Richtung Stadtmitte fließenden Verkehrs ist total unausgegoren, hilft nur den Anliegern im 'Wiesenweg' und der 'Feldstraße', berücksichtigt aber auf keinen Fall die Interessen der Anlieger im 'Heideweg' und nicht die örtlichen Gegebenheiten und sie gefährdet Menschenleben." Frau Mühsam beschwert sich, dass mit ihr überhaupt nicht gesprochen worden sei und fordert dass "unsere Argumente, Bedenken, Kritikpunkte und Abänderungsvorschläge umgehend in eine Änderung der Umleitungsstrecke einfließen."

Dies ruft wiederum Herrn Redlich auf den Plan, der in der Wochenendausgabe der Zeitung erklärt, die Anwohner von "Feldstraße" und "Wiesenweg" seien hieran nicht schuld, denn diese hätten dem Bürgermeister ja den Vorschlag gemacht, auf den Parkplatz vom Arbeitsamt parken zu wollen, aber diesem sinnvollen Vorschlag sei man nicht gefolgt ... und so weiter und so weiter.

Frage; Was hätte man als Stadt XYZ anders machen können und müssen?

Kommentar zum Thema:

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Rainer Sauer, Jena